Dieter Schäfer (Hrsg.)

 

Das Mesolithikum-Projekt Ullafelsen (Teil 1)

 

Mensch und Umwelt im Holozän Tirols (Band 1)

 

 

Buch Mesolithikum: Dieter Schäfer 2012, Band 1

 

 

16 Beiträge von 22 Autoren. 13 deutsche und 3 englische Beiträge. Hardcover, 560 Seiten über 500 farbige Abbildungen. Preis: € 88,50 (A); € 85,90 (D)

 

Bestellungen: dieter.schaefer@uibk.ac.at   www.hochgebirgsarchaeologie.at

 

Elisabeth Schlosser: Das Fotschertal – regionale Klimatologie und gebirgsmeteorologische Aspekte

Alfred Gruber & Claus-Stephan Holdermann: Geologie, Paläogeographie und Morphologie der westlichen Ostalpen – Aspekte prähistorischer Wegeführung und Rohmaterialversorgungsmöglichkeiten

Claus-Stephan Holdermann & Alfred Gruber: Grundzüge der Geologie und Morphologie der Ötztaler und Stubaier Alpen – Aspekte des Mobilitätspotentials der mesolithischen Fundzone Fotschertal / nordöstliche Stubaier Alpen

Petra Nittel: Geologie, Hydrogeologie und Geomorphologie des Fotschertales – Kartierungsergebnisse Projekt „Sellrain“ 2006

Hanns Kerschner: Spätglaziale Gletschervorstöße im Fotschertal

Clemens Geitner, Sixten Bussemer, Otto Ehrmann, Alexander Ikinger, Dieter Schäfer, Robert Traidl & Dagmar Tscherko: Bodenkundlich-stratigraphische Befunde am Ullafelsen im hinteren Fotschertal sowie ihre landschaftsgeschichtliche Interpretation

Irmingard Kemmer: Die rezente Vegetation im inneren Fotschertal / Nördliche Stubaier Alpen

Klaus Oeggl & Werner Schoch: Holzkohlenanalysen aus Bodenproben des altmesolithischen Fundplatzes auf dem Ullafelsen im Fotschertal

Klaus & Nandi Maria Kompatscher: Mittelsteinzeitliche Fernverbindungen über den Alpenhauptkamm

Dieter Schäfer: Das Mesolithikum-Projekt Ullafelsen – Landschaftlicher Rahmen und archäologische Befunde. Arbeitsstand 2009 / 2010

Alfred F. Pawlik: Die funktionale Analyse der Steingeräte und die Rekonstruktion der Aktivitäten am Ullafelsen

Stefano Bertola: The flints of Southern Alps (Non Valley, Italy) provenance found in the mesolithic site of Ullafelsen (Sellrain, Tyrol)

Stefano Bertola: Northern alpine radiolarites in the lithic assemblage of the Ullafelsen. An overview

Stefano Bertola & Dieter Schäfer: Jurassic cherts from the Kelheim district (Bavaria, Germany) in the Lower Mesolithic assemblage of the Ullafelsen

Gerhard Niedermayr: Mineralogische Untersuchungen an Quarzartefakten aus dem Bereich des Ullafelsens im Fotschertal, Stubaier Alpen / Tirol, Österreich

Dieter Schäfer: Zum aktuellen Stand des ‚Mittelsteinzeit-Projektes Ullafelsen’ (Stand 2010)

 

Verlag Philipp von Zabern: Das Mesolithikum-Projekt Ullafelsen (Teil 1) Man and environment in the Holocene of Tyrol Volume 1

Dieter Schäfer (Hrg. / ed.) Mensch und Umwelt im Holozän Tirols Band 1 Philipp von Zabern

 

Inhalt:

Das Mesolithikum gehört in Österreich zu den am wenigsten erforschten Zeitabschnitten der menschlichen Geschichte. Dies gilt in ganz besonderem Maße für die Nutzung des ostalpinen Hochgebirges, das erst nach der Auffindung des ‚Mannes aus dem Eis’ (vulgo Ötzi’) zum Gegenstand systematischer und fachübergreifender Forschungen wurde. Wesentlicher Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchungen bildet der mesolithische Fundplatz Ullafelsen im Tiroler Fotschertal (1 869 m, Stubaier Alpen). Die Einzigartigkeit der dabei erkannten Befunde und Funde bot zugleich die Möglichkeit, einen ganzheitlichen Ansatz bei der Realisierung des Projektes anzugehen: Hierbei sollte das Verhältnis der kulturellen Entwicklung während des älteren Holozäns mit den natürlichen Prozessen und Rahmenbedingungen menschlichen Lebens verknüpft werden. Daher wurden bisher Aspekte folgender Disziplinen und Arbeitsgebiete integriert: Gebirgsmeteorologie, Geologie und Geomorphologie, Glaziologie und Talentwicklung, Bodenkunde, Petrographie und Mineralogie, Vegetationskunde und Paläobotanik, transalpine Wegesysteme und Urgeschichte. Die dabei erkennbaren Zusammenhänge reichen u.a. von den teilweise klimatischen Gunstlagen alpiner Höhenfundstellen über die detaillierten Kenntnisse geomorphologisch geeigneter Wegverläufe bis zur differenzierten Nutzung lithischer und organischer Ressourcen durch die steinzeitlichen Menschen. Außerdem ergeben sich zahlreiche Hinweise auf bodenkundliche und sedimentologische Prozesse zwischen Spätglazial und Frühholozän, die von Bedeutung sind für unser Verständnis klimageschichtlicher Prozesse und stratigraphischer Abfolgen der Region. Die Datierungen der Feuerstellen auf dem Ullafelsen belegen eine Nutzung unseres Fundplatzes zwischen dem mittleren Präboreal und dem mittleren Boreal. Offensichtlich bestand damit bereits wenige Jahrhunderte nach dem Ende der letzten Eiszeit ein transalpines Wegesystem über die Alpen, da bereits an den älteren Feuerstellen Hornsteine und Radiolarite genutzt wurden, deren Antransport zum Teil aus mehreren hundert Kilometer entfernten Lagerstätten erfolgte. Auf der Grundlage des gegenwärtigen Kenntnisstandes befanden sie sich diese Lagerstätten im Bereich des südalpinen Val di Non (Nonsberg), der Nördlichen Kalkalpen (u. a. Rofan) sowie der südlichen Frankenalb. Darüber hinaus wurden auch zentralalpine Bergkristalle aus dem westlichen Tauernfenster sowie lokal vorhandene Ganquarze für die Herstellung mittelsteinzeitlicher Artefakte genutzt. Da südlich und nördlich der Ostalpen vor 9 000 bis 11 000 Jahren die kulturelle Entwicklung etwas unterschiedlich verlief, sind auch entsprechende Differenzierungen im Artefaktbestand des Ullafelsens kaum überraschend. Wir sehen in ihnen Einflüsse des süddeutschen Beuroniens einerseits sowie des norditalienischen Sauveterriens andererseits. Die Einbeziehung auch kleinster Steinartefakte in bisherige Fundprojektionen erlaubt zudem für einzelne Ausgrabungsbereiche die Rekonstruktion zeitlich relativer Abfolgen bei der Begehung des Fundplatzes vor dem Hintergrund des jeweils dabei genutzten Gesteinsrohmaterials. Die Gründe für die Anwesenheit der aus verschiedenen Regionen stammenden Menschen im Nordtiroler Fotschertal leiten sich aus den gebrauchsspurenanalytischen, formenkundlichen sowie weiteren, intrasitespezifischen Untersuchungen ab. Sie ergebenin ihrer Gesamtheit Hinweise dafür, dass der Ullafelsen als saisonales Basislager für jägerische Unternehmungen angesehen werden kann. Die Vielfalt der in diesem Zusammenhang durchgeführten Tätigkeiten sowie der dabei eingesetzten Geräte deutet wenigstens teilweise auf relativ längere Aufenthalte der Menschengruppen hin. Sie reparierten Jagdwaffen, bearbeiten Felle und Leder, Knochen / Geweih, Holz sowie eine Reihe anderer, nicht identifizierbarer Materialien. Neben zahlreichen Hinweisen für die Herstellung und Verwendung von Holzteer – vor allem zur Schäftung von Steinartefakten – gibt es ebenfalls Belege für den Antransport und die Verwendung ortsfremden Hämatits sowie die gelegentliche Durchführung von Gravierarbeiten. Das belegte Spektrum an Aktivitäten lässt sich teilweise mit bestimmten Feuerstellen bzw. deren Umgebung in Verbindung bringen. Durch die Vielzahl der mit dem Ullafelsen verbundenen Erkenntnisse kann dieser als wichtiger Referenzfundplatz des ostalpinen Mesolithikums und damit des älteren Holozäns angesehen werden.

 

 

 

Meinungen an: anisa@anisa.at

 

 

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